Historie

Die Dettumer Windmühle in den Jahren 1863 – 1978

Eine Geschichte einer Windmühle. Vom Bau bis zur Erhaltung.

Die Bockwindmühle in Dettum stellt ein Industriedenkmal dar, welches für den gesamten Bereich Wolfenbüttel, der im frühen 19. Jahrhundert als Mühlenbauregion überregionale Bedeutung besaß, erhaltenswert ist. Im Verzeichnis der ansässigen Mühlen gab es in und in der näheren Umgebung dieser Region ursprünglich rd. 300 Wind- und Wassermühlen, von denen derzeit noch 9 am Deutschen Mühlentag aktiv sind und ihre Tore öffnen und besichtigt werden können.

Die Dettumer Windmühle zählt aber zu den letzten 5 Wind- u. Wassermühlen, die sich in einem funktionsfähigen Zustand befindet. Sie ist die einzige Bockwindmühle im Umfeld der Asse und steht unter Denkmalschutz. 2015 ging die Mühle als Spende seitens der neuen Besitzer des Mühlengrundstücks in den Besitz des Vereins zur Erhaltung der Windmühle e.V. über. Zugleich konnte der Verein einen kleinen Teil des Grundstücks als neuen Mühlenstandort erwerben. Im Zeitraum von Herbst 2016 bis Frühjahr 2017 wurde die Mühle abgebaut und in restaurierter Form 80 m weiter westlich an der Beeke wieder aufgebaut.

1978


Gründungsversammlung

Der Dettumer Freundeskreis der Windmühle rief dazu auf, die Erhaltung der Mühle auf breitere Füße zu stellen. Sie sollte künftig von einem eingetragenen Verein geleistet werden. Am 13. März 1978 war es dann soweit. 27 Bürger*innen, größtenteils aus Dettum, gründeten den „Verein zur Erhaltung der Dettumer Windmühle“ und verpflichteten sich damit zur ideellen und finanziellen Unterstützung des Projekts. – Im Protokoll ist nur von 25 Gründungsmitgliedern die Rede. Das liegt daran, dass sich zwei Vorstandsmitglieder nicht in die Teilnehmerliste eingetragen hatten.

Robert Loose wurde zum ersten Vorsitzenden des Vereins gewählt, der dieses Amt danach noch viele Jahre mit größtem Engagement versah (bis 1996).

Hier eine Abschrift des Protokolls dieser denkwürdigen Gründungsversammlung:

Seit 1978 wird jährlich beim „Tag der offenen Tür“ die Mühle in Betrieb gezeigt und dies findet seit einigen Jahren am Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag, statt.

1977 – Ihre vier Flügel drehen sich wieder im Wind


Am 7. Juli 1977 konnte der erste Probelauf erfolgen, die Einweihung fand im Rahmen eines Volksfestes am 24. September des gleichen Jahres statt.

Ein weiterer Zeitungsartikel aus dem Jahre 1977 gibt eine Kurzfassung der Geschichte der Dettumer Mühle und berichtet von ihrer Wiedereinweihung:

Bürgersinn rette ein über hundert Jahre altes Baudenkmal vor dem Verfall. Die Dettumer Mühle ist wieder funktionsfähig.

Erbaut wurde die Bockwindmühle 1863 vom Urgroßvater des jetzigen Eigentümers Alfred Weste. Sie hatte einen Schrotgang und einen Mehlgang, der in den Kriegen für die Bewohner des Umkreises besondere Bedeutung erhielt.

Zwei Jahre vor ihrem 100. Geburtstag, Silvester 1961, erfaßte ein plötzlich aufkommender Sturm die Mühle von hinten, die Bremsen lösten sich, die Flügel zerbrachen in ihrem wilden Lauf. Seitdem stand die Mühle still und zerfiel, in jedem Jahr etwas mehr.Im vorigen Jahr haben freiwillige Helfer begonnen, zusammen mit dem Eigentümer die Mühle wieder herzustellen.

Möglich wurde das durch großzügige Spenden der Dettumer, Mönchevahlberger und Weferlinger Bürger sowie von der politischen Gemeinde, vom Landkreis und von vielen anderen Gönnern aus dem engeren und weiteren Umkreis.

An diesem Sonnabend soll die Mühle wieder in Betrieb genommen werden, zwar nicht für wirtschaftliche Zwecke, sondern um der Nachwelt ein Baudenkmal zu erhalten.Ein Dettumer, dem das Schicksal der Mühle sehr am Herzen gelegen hatte, schuf ein Lied über sie, das in einer Schrift enthalten ist, die Aufschluß gibt über Geschichtliches aus der Dettumer Dorfchronik und die Stationen der Mühle bis zu ihrer Wiedereinweihung. Diese Schrift kann jeder Besucher für einen kleinen Beitrag erwerben und damit wieder der Mühle helfen.

1976


Im Jahre 1976 tat sich ein vierköpfiger Freundeskreis zusammen, der sich intensiv um den Erhalt der Mühle kümmerte, die vom vollständigen Verfall bedroht war. Er bestand aus Werner AchillesErich CurlandRobert Loose und Helmut Seitlinger.

Die darauf folgenden Jahre waren geprägt von vielfältigen Bemühungen um die konkrete Restaurierung der Mühle, verbunden mit viel Öffentlichkeitsarbeit und Einwerbung von Spenden zur Unterstützung der Arbeiten. Schließlich wurde der „Verein zur Erhaltung der Dettumer Windmühle e.V.“ im Jahre 1978 gegründet.

„Klagelied“ als Spendenaufruf

Der Freundeskreis hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen, um die Restaurierung der Mühle voran zu treiben. Er rief die Bürger*innen der Gemeinde Dettum auf, Geld für ein neues Kleid der maroden Mühle zu spenden. Das geschah in Form eines Klageliedes, mit dem die arme alte Mühle um ein neues Kleid bittet. Daneben ein Foto der Mühle, auf dem die Löcher in Außenwänden und Dach zu erkennen sind. Die Verse zeigen deutlich die Handschrift von Robert Loose.

Der Erfolg der Spendenaktion hat sehr zum Gelingen der Restaurierung beigetragen und den eigentlichen Anstoß zur Gründung des „Vereins zur Erhaltung der Dettumer Windmühle e.V.“ gegeben.

Restaurierung in Versen

Der Dettumer Freundeskreis ging tatkräftig die Renovierung der Mühle an. Die Öffentlichkeitsarbeit kam dabei auch nicht zu kurz, wie hier in Form eines Gedichts über den Fortschritt der Arbeiten, über Spender und die Aussicht auf künftige Besucher in der Mühle.

Mai 1976: Bericht in der Wolfenbüttler Zeitung

Im Herbst 1976 ging der Freundeskreis mit dem Ansinnen an die Öffentlichkeit, die Dettumer Bockwindmühle vor dem drohenden Verfall zu bewahren. Die Wolfenbütteler Zeitung berichtete am 29. Mai 1976 darüber ausführlich. Das beigefügte Foto dokumentiert den einsetzenden Verfall. Teile des Außenkleids der Mühle fehlen schon.

Dezember 1976: Leserbrief des Freundeskreises

Im Zeitungsartikel vom 10.12.1976 in der Wolfenbütteler Zeitung über die Bornumer Windmühle wurde auch die Dettumer Mühle in dieser Form erwähnt: „… Die Bockwindmühle von Dettum ist von dem Besitzer in Eigenarbeit wieder hergerichtet worden…“ Das musste Robert Loose in diesem Leserbrief zurechtrücken.

1970 – Die alten Backstuben


Ca. 15 Jahre lang wurde vom Mühlenverein Dettum eine eigene Backstube an der Hauptstraße betrieben. Begonnen hatten die Backaktivitäten bereits Ende der 1970-er Jahre in Karl Fingers Bäckerei am Mittelweg.

Leckere Backwaren in ursprünglicher Qualität

Die verwendeten Gerätschaften, besonders der große, ölbetriebene 5-fährige Ofen, stammten aus einer Bäckerei aus der Nachkriegszeit. Damals hatten die Bäckereien in den Dörfern neben der Versorgung mit frischen Backwaren eine weitere, wichtige Funktion: Die Hausfrauen konnten dort gegen ein geringes Entgelt Blechkuchen abbacken lassen. An unseren Backtagen war dies früher auch möglich, jedoch aus Zeitgründen wurde dies eingestellt.

So stellte die alte Backstube an der Hauptstraße ein eindrucksvolles Zeugnis gelebter Geschichte dar. Anfang 2018 wurde sie aufgegeben. Ein Ersatz ist im neuen Vereinheim geplant, wenn auch in kleinerem Maßstab.

Mühlenbrot

Das in der Mühle hergestellte Mehl wurde zum Tag der offenen Tür in der Backstube verbacken und mit selbst gemachtem Schmalz auf geschnittenem Brot verkauft. Auch konnte man am Mühlentag ganze Brotlaibe erwerben. Die Ursprünglichkeit vom Korn zum Brot wurde hier gelebt. Zwar ging es hier nicht ohne Strom und Heizöl für die Backstube, aber das Korn wurde nur mit Kraft des Windes gemahlen.

Die alte Backstube auf dem Pfarrhof

Die Räumlichkeiten auf dem Pfarrhof an der Dettumer Hauptstraße hatte der Verein angemietet. Sie beherbergten nicht nur die eigentliche Backstube, sondern auch einen Gemeinschaftsraum, in dem Versammlungen und Feiern stattfanden.

In der alten Backstube bietet das Regal Platz für viele ungebackene oder gebackene Brote.

Im Regal liegen die Brote in Doppelformen – noch ungebacken.

Holger Bührig, Günther Reese und Christine Lehmann holen die Brote aus den Formen und bereiten den Backvorgang vor.

Auch fertig gebackene Brote kommen ins Regal.

Das ist eine Fuhre Brote – verzehrfertig für besondere Anlässe wie den Mühlentag oder die Generalversammlung des Mühlenvereins. Das letzte Backen in dem alten Ofen.

Backstube von Karl Finger

Der Mühlenverein hatte von Beginn an auch die Verarbeitung von Schrot und Mehl im Auge, beeinflusst sicher auch durch das Vorstandsmitglied Bäckermeister Karl Finger, der am Mittelweg 1 seine Backstube hatte. Dort wurden auch die ersten Brote aus dem selbst gemahlenen Korn gebacken.

Ende der 1970-er Jahre: Karl Finger begutachtet ein gebackenes Brot, assistiert von Herrn Nolte

März 1990: Hardy Steffen und Karl Finger beim Backen

März 1992: Hardy Steffen bei der „Massenproduktion“ für den Mühlentag

1961 – 1962


In der Silvesternacht 1961/1962 wurde die Mühle durch einen Nordoststurm schwer beschädigt und konnte nicht mehr mahlen. Zwar wurde sie eine Zeit lang noch elektrisch betrieben, doch verfiel die Mühle mehr und mehr.

1863 – 1932


Die Bock-Windmühle in Dettum ist 1863 erbaut und mehr als 150 Jahre alt. Sie wurde vom Zimmermann Christian Roßmann gebaut und am 16. Juli 1863 in Betrieb genommen. Seine vier Söhne erlernten alle das Müllerhandwerk. Der zweitjüngste Sohn David, geboren 1849, erbte die Mühle und betrieb sie bis zum 06.02.1932, seinem Todestag. Danach erbte der Sohn seiner Tochter die Mühle, Alfred Weste, geboren 1914. Er stand uns noch bis ins hohe Alter von über 95 Jahren mit Rat zur Seite und verstarb 2012.

Wusstest du, dass unsere Windmühle umgezogen ist?